Gefährlicher Betriebsübergang

Unser Mandant - ein Arbeitgeber - dachte, er hätte lediglich einen Auftrag und die dazu gehörigen Arbeitnehmer von einem Konkurrenten übernommen. Als er einen Mitarbeiter, den er zwei Monate beschäftigt hatte (gefühlt in der Probezeit) kündigen wollte, musste er bestürzt feststellen, dass er wohl nicht nur den Auftrag, sondern (quasi durch einen versteckten Betriebsübergang) auch die vorher bestehenden Kündigungsfristen (hier sieben Monate) übernommen hatte. Natürlich hätte für die sieben Monate eine Weiterzahlungsverpflichtung von Lohn bestanden, jedoch konnten man sich vergleichsweise vor dem Arbeitsgericht einigen.

Im vorliegenden Fall war nämlich ungeklärt, ob das vorher bestehende Beschäftigungsverhältnis des Arbeitnehmers auf unseren Arbeitgeber übergegangen ist.

Für einen Betriebsübergang ist § 613a BGB einschlägig.

Ein Betriebsübergang setzt die Wahrung der Identität der betreffenden wirtschaftlichen Einheit voraus. Eine solche besteht aus

Ob ein im Wesentlichen unveränderter Fortbestand der organisierten Gesamtheit „Betrieb“ bei einem neuen Inhaber anzunehmen ist, richtet sich nach den Umständen des konkreten Falls.

Als Teilaspekte der Gesamtwürdigung zählen insbesondere

Die Identität einer Einheit kann sich jedoch auch aus anderen Merkmalen ergeben,

Hier kommt zur Bewertung des Übergangs ein relativ altes Urteil das "Ayse-Süzen-Urteil" des EuGH vom 11. März 1997 - C-13/95 - zur Anwendung. In diesem Urteil heißt es: "Mit dem Begriff des Übergangs im Sinne der Richtlinie wird nämlich ein Fall erfaßt, in dem eine wirtschaftliche Einheit - dh eine organisierte Gesamtheit von Personen und Sachen zur Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mit eigener Zielsetzung - ihre Identität über den betreffenden Vorgang hinaus wahrt. Unter diesen Voraussetzungen stellt der bloße Verlust eines Auftrags an einen Mitbewerber keinen solchen Übergang dar. Darüber hinaus ist es denkbar, daß eine wirtschaftliche Einheit in bestimmten Branchen, in denen es im wesentlichen auf die menschliche Arbeitskraft ankommt, ohne relevante Betriebsmittel tätig sein und eine Gesamtheit von Arbeitnehmern darstellen kann, die durch eine gemeinsame Tätigkeit dauerhaft verbunden sind, wobei bei einem solchen Fall auf die Annahme eines Übergangs im Sinne der Richtlinie jedoch erforderlich ist, daß diese Gesamtheit durch die Übernahme eines wesentlichen Teils ihres Personals durch den neuen Auftragnehmer fortbesteht (EuGH, Urteil vom 11. März 1997 – C-13/95 –, juris)".

Daher sollten Sie als Arbeitgeber als erstes überprüfen, wenn Sie Personal anwerben, ob es aus derselben Branche stammt und wenn ja, ob es eng mit einem laufenden Auftrag verbunden ist und wie lange es schon beim alten Arbeitgeber beschäftigt ist. Denn danach würde sich im Zweifel die Kündigungsfrist in der "Probezeit" richten.