OLG Naumburg: Kindesunterhalt in Sachsen-Anhalt Stand 1.7.2007

Im Hinblick auf die am 1. Juli 2007 in Kraft tretende Neufassung der Regelbetrag-Verordnung ist die Naumburger Unterhaltstabelle aktualisiert worden.

Erläuterungen zum Kindesunterhalt

Um den Kindesunterhalt gemessen am Einkommen in einem Bundesland gerecht und möglichst einheitlich berechnen zu können, wurden so genannte Unterhaltsleitlinien und dazugehörige Tabellen von den Oberlandesgerichten entwickelt. Jedes Bundesland hat eigene Leitlinien und Tabellen. Für Sachsen-Anhalt haben die drei Familiensenate des Oberlandesgerichts Naumburg die unterhaltsrechtlichen Leitlinien gestaltet. Diese Leitlinien und Tabellen geltend für alle Unterhaltsfälle, die vor den Familiengerichten in Sachsen-Anhalt verhandelt werden.

Ost-West-Fälle

Eine Besonderheit gilt für die so genannten Ost-West-Fälle. Hier richtet sich der Bedarf des Kindes an seinem Wohnort. Das gleiche gilt aber auch, wenn ein unterhaltspflichtiges Elternteil z.B. "im Westen" wohnt. Dann richtet sich die Leistungsfähigkeit - also die Unterhaltsbetrag - nach Maßstäben "West". Hier ein Auszug aus den Unterhaltsleitlinien des OLG Naumburg

Bemessungsgrundlage (Tabellenunterhalt)

Grundsätzlich bestimmt sich der Barunterhalt (der Unterhalt des Elternteils, bei dem das Kind nicht wohnt) minderjähriger und noch im elterlichen Haushalt lebender volljähriger unverheirateter Kinder nach der o.g. U n t e r h a l t s t a b e l l e. Bei minderjährigen Kindern kann der Barunterhalt als Festbetrag oder gemäß § 1612 a BGB als Vomhundertsatz des Regelbetrags nach der Regelbetrag-Verordnung geltend gemacht werden.

Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge

Die Tabellensätze enthalten keine Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge für das Kind, wenn dieses nicht in einer gesetzlichen Familienversicherung mitversichert ist. Das Nettoeinkommen des Verpflichteten ist um solche zusätzlich zu zahlenden Versicherungskosten zu bereinigen.

Eingruppierung

Die Tabellensätze sind auf den Fall zugeschnitten, dass der Unterhaltspflichtige einem Ehegatten und zwei Kindern Unterhalt zu gewähren hat. Bei einer größeren oder geringeren Anzahl Unterhaltsberechtigter sind in der Regel Ab- oder Zuschläge durch Einstufung in eine niedrigere oder höhere Einkommensgruppe vorzunehmen.

Minderjährige Kinder

Betreuungs-/Barunterhalt

Der Betreuungsunterhalt im Sinne des § 1606 Abs. 3 S.2 BGB entspricht wertmäßig in der Regel dem vollen Barunterhalt. Deshalb wird ein Einkommen des Kindes bei beiden Eltern, ggfs. nach Abzug eines ausbildungsbedingten Mehrbedarfs (vgl. Nr. 10.2.3), hälftig angerechnet.

Einkommen des Kindes

Einkommen des Kindes wird bei beiden Eltern hälftig angerechnet.

Beiderseitige Barunterhaltspflicht/Haftungsanteil

Der das Kind betreuende Elternteil braucht in der Regel neben dem anderen Elternteil keinen Barunterhalt zu leisten, es sei denn, sein Einkommen ist bedeutend höher als das des anderen Elternteils (§ 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB) oder der eigene angemessene Unterhalt des sonst allein barunterhaltspflichtigen Elternteils ist gefährdet (§ 1603 Abs. 2 Satz 3 BGB). Im letzteren Fall kann jedoch nach der so genannten "Hausmann"-Rechtsprechung eine Haftung in Betracht kommen. Der Verteilungsschlüssel kann ggfs. unter Berücksichtigung des zusätzlichen Betreuungsaufwandes eines Elternteils wertend verändert werden. Sind bei auswärtiger Unterbringung des Kindes beide Eltern zum Barunterhalt verpflichtet bei vergleichbarer wirtschaftlicher Lage ist insoweit hinsichtlich Bedarf und Bedürftigkeit des Kindes die Regelung für volljährige Auszubildende und Studenten entsprechend anzuwenden (Nr. 13), haften sie anteilig nach § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB für den Gesamtbedarf (Nr. 13.3).

Zusatzbedarf

Bei Zusatzbedarf (Prozesskostenvorschuss, Mehrbedarf, Sonderbedarf) gilt § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB (s. Nr. 13.3).

Volljährige Kinder

Bedarf

Volljährige Schüler

Volljährige Schüler, die noch im Haushalt eines Elternteils wohnen, erhalten den Tabellenbetrag der dritten Altersstufe bis zur Beendigung der allgemeinen Schulausbildung, längstens bis zum 21. Lebensjahr.

Volljährige Auszubildende/Studenten

Der angemessene Bedarf eines volljährigen Kindes mit eigenem Hausstand beträgt in der Regel 550 Euro monatlich. Darin enthalten sind Kosten für Unterkunft und Heizung bis zu 250 Euro, jedoch keine Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung. Von diesem Betrag kann bei erhöhtem Bedarf oder mit Rücksicht auf die Lebensstellung der Eltern abgewichen werden. Wohnt der Auszubildende oder Student noch bei einem Elternteil, ist von einem niedrigeren Bedarf auszugehen. Sind beide Elternteile leistungsfähig (vgl. Nr. 21.3), ist der Bedarf des Kindes in der Regel nach dem zusammengerechneten Einkommen (ohne Anwendung von Nr. 11.2) zu bemessen. Für die Haftungsquote gilt Nr. 13.3.

Einkommen des Kindes

Auf den Unterhaltsbedarf werden Einkünfte des Kindes, auch BAföG-Darlehen und Ausbildungsbeihilfen (gekürzt um ausbildungsbedingte Aufwendungen, vgl. Nr. 10.2.3) angerechnet. Bei Einkünften aus unzumutbarer Erwerbstätigkeit gilt § 1577 Abs. 2 BGB entsprechend.

Verrechnung des Kindergeldes

Kindergeld ist nach Maßgabe des § 1612 b BGB auszugleichen.

Berit Sander Rechtsanwalt Familienrecht Halle (Saale)