Reform des Insolvenzrecht Teil II
Am 18.07.2012 hat die Bundesregierung einen Entwurf für ein Gesetz zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahren und zur Stärkung der Gläubigerrechte veröffentlicht. Das alles ist noch kein Gesetz, zeigt aber die Richtung, in die es gehen könnte:
I. Verkürzung der Dauer des Restschuldbefreiungsverfahren
Die Dauer des Restschuldbefreiungsverfahrens soll von derzeit sechs Jahren auf drei Jahre verkürzt werden. Voraussetzung für diese Verkürzung ist, dass der Schuldner innerhalb dieses Zeitraums eine Mindestbefriedigungsquote von 25 Prozent erfüllt. Zugleich hat er vorab die Kosten des Verfahrens zu begleichen.
Schafft es der Schuldner nicht, diese 25 Prozent Mindestbefriedigungsquote zu erreichen, so hat er wenigstens die Möglichkeit durch Begleichung der Verfahrenskosten eine Verkürzung auf fünf Jahre erreichen.
Kann der Schuldner auch dieses Geld nicht aufbringen, bleibt es bei der derzeitigen Dauer des Restschuldbefreiungsverfahrens von sechs Jahren.
II. Stärkung der Gläubigerrechte
Antrag auf Versagung Restschuldbefreiung in längerem Zeitraum möglich
Da Gläubiger in dem bisherigen Verfahren mit ihren Rechten auf das Insolvenzverfahren - insbesondere den Schlusstermin - beschränkt waren, sollen sie nun die Möglichkeit haben, den Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung nach § 290 InsO im mündlichen wie im schriftlichen Verfahren und im Schlusstermin zu stellen.
Erwerbsobliegenheit des Schuldner
Eine weitere Ungereimtheit besteht derzeit im Hinblick auf die Erwerbsobliegenheit des Schuldners. Während die Schuldner, denen die Verfahrenskosten gestundet sind, wegen
§ 4c Nummer 4 InsO bereits im laufenden Insolvenzverfahren zur Ausübung einer angemessenen Erwerbstätigkeit verpflichtet sind, trifft den Schuldner ohne Kostenstundung die Erwerbsobliegenheit derzeit erst nach rechtskräftiger Ankündigung der Restschuldbefreiung.
Aus diesem Grund soll die Erwerbsobliegenheit künftig generell mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens beginnen.
Widerruf der Restschuldbefreiung
Die Restschuldbefreiung soll künftig in drei verschiedenen Fällen widerrufen werden können:
- Erstens kann ein Widerruf erfolgen, wenn sich nachträglich herausstellt, dass der Schuldner seine Obliegenheiten vorsätzlich verletzt hat oder dass er bis zum Ablauf der Abtretungsfrist wegen einer der in § 297 Absatz 1 InsO-E genannten Straftaten verurteilt worden ist.
- Zweitens wird im Fall der vorzeitigen Erteilung der Restschuldbefreiung der Tatsache Rechnung getragen, dass strafrechtliche Ermittlungen mit wirtschaftlichem Hintergrund oftmals sehr zeitaufwendig sind. Erfolgt in diesen Fällen nach Erteilung der Restschuldbefreiung eine Verurteilung wegen einer der in § 297 InsO-E genannten Straftaten, so kann die Restschuldbefreiung ebenfalls widerrufen werden.
- Und drittens kann künftig ein Widerruf ausgesprochen werden,wenn der Schuldner in einem fortdauernden Insolvenzverfahren seine Auskunfts- und Mitwirkungspflichten nach diesem Gesetz vorsätzlich oder fahrlässig verletzt hat.
Damit wird der Tatsache Rechnung getragen, dass insbesondere bei vorzeitiger Erteilung der Restschuldbefreiung das Insolvenzverfahren in manchen Fällen noch nicht abgeschlossen sein wird. Hierdurch soll die Mitwirkung des Schuldners im Insolvenzverfahren gesichert werden.
Unzulässigkeit der Restschuldbefreiung
Neu könnte § 287a Insolvenzordnung eingefügt werden:
„§ 287a Entscheidung des Insolvenzgerichts
...
(2) Der Antrag auf Restschuldbefreiung ist unzulässig, wenn
1. dem Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag Restschuldbefreiung erteilt oder wenn ihm die Restschuldbefreiung in den letzten fünf Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag nach § 297 versagt worden ist ..."
In diesen Fällen soll das Insolvenz Gericht dem Schuldner Gelegenheit zu geben, den Eröffnungsantrag vor der Entscheidung über die Eröffnung zurückzunehmen.
Ausgenommen von der Restschuldbefreiung
Der Katalog, der von der Restschuldbefreiung ausgenommenen Forderung soll ergänzt werden. Bislang wird rückständiger Unterhalt nur dann von einer Restschuldbefreiung nach § 302 InsO ausgenommen, wenn er als Forderung aus unerlaubter Handlung nach § 823 Absatz 2 des BürgerlichenGesetzbuchs (BGB) in Verbindung mit § 170 StGB zu qualifizieren ist.
Neu könnte der § 302 Insolvenzordnung so aussehen:
Von der Erteilung der Restschuldbefreiung sollen nicht berührt sein:
Verbindlichkeiten des Schuldners
- aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung,
- aus rückständigem gesetzlichen Unterhalt, den der Schuldner vorsätzlich
pflichtwidrig nicht gewährt hat, - oder aus einem Steuerschuldverhältnis, sofern der Schuldner im Zusammenhang damit wegen einer Steuerstraftat nach §§ 370, 373 oder § 374 der Abgabenordnung rechtskräftig verurteilt worden ist.
Meinung Rechtsanwalt Insolvenzrecht
Die Praxis zeigt, dass viele Schuldner in der Lage sind - auch über Familien oder Freunde - einen Teil ihrer Schulden zu begleichen. Für diese Gruppe würde der Entwurf, wenn er denn umgesetzt werden würde, Erleichterung bringen und das Verfahren auf drei Jahre abkürzen.
Weiterhin soll die Restschuldbefreiung für den unredlichen Schuldner nicht mehr so einfach zu erhalten sein. Dies ist aus Gerechtigkeitsgesichtspunkten zu begrüßen.
Berit Sander Rechtsanwalt Halle (Saale) für Insolvenzrecht