Geplante Senkung der Restschuldbefreiung auf 3 Jahre

Unsere Justizministerin hielt vor dem 7. Deutschen Insolvenzrechtstag am 17. März 2010 in Berlin eine wirklich gehaltvolle Rede, die hier in Auszügen wiedergegeben ist:

"Im vergangenen Jahr beliefen sich die Schäden für unsere Volkswirtschaft durch Insolvenzen auf geschätzt fast 50 Milliarden Euro. Große und namhafte Traditionsunternehmen sind zusammengebrochen - ich nenne nur Arcandor, Quelle, Schiesser, Märklin und Rosenthal. Insgesamt haben knapp 33.000 Unternehmen Insolvenz angemeldet, das ist ein Anstieg um rund 12 Prozent. ..."

Dem Insolvenzrecht kommt also in unserem Land eine erhebliche Bedeutung zu. Deshalb soll es auch in Stufen reformiert werden:

1. Stufe: Neue Insolvenzkultur + Inso-Verfahren für systemrelevante Banken

Stärkung der Eigenverwaltung für insolvente Firmen

In allererster Hinsicht geht es um eine Reformierung der Insolvenzkultur. "Der Insolvenzverwalter gilt in der Öffentlichkeit eher als Bestatter und nicht als Lebensretter. Die Insolvenz erscheint noch viel zu sehr als persönliches Versagen und vollständiges wirtschaftliches Scheitern. Dass das Insolvenzverfahren auch ein Instrument der Sanierung ist, wird dagegen zu wenig wahrgenommen."

Die Folge dieser "Unkultur" ist, dass nur 2% der betroffenen Firmen eine Planinsolvenz durchführen. Dies soll sich nun in Zukunft ändern. Bei dieser Planinsolvenz soll nun die Eigenverwaltung durch den Unternehmer selbst gestärkt werden. Das hätte den Vorteil, dass die Angst, die Macht an den Insolvenzverwalter abzugeben, wegfiele.

Wichtig wäre in diesem Zusammenang die viel diskutierte Stärkung des Gläubigereinflusses auf die Verwalterbestellung, denn wenn die Chemie nicht stimmt, kann auch die Firma nicht gerettet werden.

Verhinderung des Zusammenbruchs der Finanzinstitute

"Eine große Aufgabe, die die Finanzmarktkrise gestellt hat, ist der Umgang mit der drohenden Insolvenz von Finanzinstituten, die systemrelevant genannt werden. Einerseits muss der Zusammenbruch solcher Finanzinstitute, die das ganze Finanzsystem ins Wanken bringen, verhindert werden. Andererseits darf deren Rettung nicht allein auf Kosten des Steuerzahlers stattfinden. Auch Eigentümer und Gläubiger müssen an den Verlusten gerecht beteiligt werden. Die Regeln für Finanzinstitute in der Krise müssen deshalb verändert werden."

Im Gespräch ist zuerst ein ein mehrstufiges Sanierungs- und Reorganisationsverfahren. Es soll sich an das Insolvenzplanverfahren anlehnen und den Beteiligten eine Krisenbewältigung in eigener Verantwortung ermöglichen. Der Staat soll erst in zweiter Instanz einstehen müssen. Nun ja.

2. Stufe: Verbraucherinsolvenz Restschuldbefreiung + Sanierung vor Insolvenz

Verstärkte Einigung der Parteien

Hier soll die gütliche Einigung des Schuldners mit seinen Gläubigern gefördert werden. Vielleicht ist das Problem bekannt: Wenn nicht allzuviel Insolvenzmasse existiert, teilen Gläubiger gleich im ersten Rückschreiben mit, dass sie in diesem Fall nicht an einer außergerichtlichen Einigung interessiert sind.
Nun soll de vorgerichtliche Einigungsversuchs gestärkt werden. Es soll die Möglichkeit eingräumt werden, die Zustimmung zur Einigung notfalls durch eine Entscheidung des Gerichts zu ersetzen.

Senkung der Zeit der Restschuldbefreiung

"Unternehmensgründer, aber auch überschuldete Verbraucher sollen nach einem Fehlstart möglichst schnell wieder auf die Beine kommen. Sie sollen sich schon bald wieder produktiv am Wirtschaftsleben beteiligen können. Deshalb möchte ich die Zeit bis zur Erteilung der Restschuldbefreiung von derzeit sechs auf drei Jahre halbieren."

Das Problem was hier vor allem besteht, sind die Rechte der Gläubiger. "Eine Halbierung der Wohlverhaltensperiode senkt die Chance, dass die Gläubiger ihr Geld und die Staatskasse die gestundeten Verfahrenskosten bekommen. Wir prüfen daher, ob die Restschuldbefreiung an zusätzliche Voraussetzungen geknüpft werden soll, etwa die Erfüllung einer Mindestbefriedigungsquote oder die Deckung der Verfahrenskosten."

3. Stufe: Konzerninsolvenz + Verwalterauswahl

In der dritten und letzten Stufe des Reformprogramms soll das Konzerninsolvenzrecht verändert und die Verwalterauswahl erneuert werden.

"Das Konzerninsolvenzrecht ist durch den Zusammenbruch verbundener Unternehmen wie Arcandor wieder hoch aktuell geworden. Ziel muss es sein, zu verhindern, dass ein Konzern unkontrolliert auseinanderfällt und damit die Sanierungschancen erhalten bleiben. Eines der größten Hindernisse für die koordinierte Durchführung eines Insolvenzverfahrens ist bislang die Verteilung der einzelnen Konzerngesellschaften auf unterschiedliche Gerichte und verschiedene Verwalter."

Aus diesem Grund soll für jede Konzerngesellschaft ein eigenes Verfahren erhalten bleiben, aber diese Verfahren müssen durch die Festlegung eines einheitlichen Gerichtsstands koordiniert werden. Mindestens genauso wichtig ist eine entsrpechende Zusammenarbeit auf der Verwalterseite. So kann es in Einzelfällen sinnvoll sein, für alle Gesellschaften eines Konzerns einen gemeinsamen Verwalter zu bestellen; zumindest aber müssen die Verwalter zu einer engen Zusammenarbeit verpflichtet werden.