Sieg über Marber GmbH

Hier in diesem Artikel sind die höchst persönlichen Eindrücke und Erfahrungen der Rechtsanwältin Berit Sander mit der Marber GmbH dargestellt. Alle Äußerungen spiegeln lediglich die persönliche Meinung der Verfasserin wieder und stellen rein persönliche Werturteile dar.

Vorgeschichte

Die Scoutractor GmbH aus Merseburg wurde von Absolventen der Fachhochschule Merseburg gegründet. Die Gründungsidee bestand darin, Eishockeyvereinen einen Mix aus Scouting von Spielern, Dienstleistungen, Marktanalyse-Angeboten und einer, speziell für Eishockey entwickelten, Software zu bieten.

Die Tat

Die jungen Gründer gegründeten 2009 durch Vertrag und Eintragung in das Handelsregister Stendal ihre Scoutractor GmbH. Die Eintragung in das Handelsregister erfolgte am 04.05.2009. Zehn Tage nach der Eintragung wurde der jungen GmbH ein Fax von der Marber GmbH zugesandt.

Die Marber GmbH - deren Geschäftsführer ein Marc B. ist - tritt mit einem "Gewerblichen Verzeichnis für Handwerk, Industrie & Handel" und dem Branchenverzeichnis "gewerbedatenbank.org" auf.
Dabei versendet die GmbH per Fax so genannte "Insertionsanträge Gewerbedatenbank" an neu im Handelsregister eingetragene Gewerbetreibende. Mit diesem Schreiben werden diese aufgefordert, die gefaxten Daten für die Eintragung im "Branchenverzeichnis" zu aktualisieren und an die Marber GmbH zurückzufaxen.

So geschah es auch bei den Gründern. Sie korrigierten die Adresse und sandten - in der Annahme, es handelte sich um ein kostenloses Verzeichnis - das Fax an die Marber GmbH zurück.

Mit dem Zurückfaxen dieses Antrages kommt aber nach Auffassung der Marber GmbH dann jeweils ein Vertrag mit zweijähriger Laufzeit für die Eintragung im Branchenverzeichnis "gewerbedatenbank.org" zu Stande. Es wird ein Gesamtbetrag von insgesamt 1.547,00 € (das sind 650,00 € jährlich * 2 Jahre zzgl. MwSt.) gefordert.

Verunsichterte junge Gründer neigen dazu, den nun folgenden Zahlungsaufforderungen Folge zu leisten. Das sollten Sie nicht tun - nicht zahlen -, lassen Sie es darauf ankommen.

Das Formular der Marber GmbH

Die Formulare sind wohl gezielt so gestaltet, dass der Empfänger nicht erkennt, mit Unterzeichnung des Schreibens ein kostenpflichtiges Angebot anzunehmen. Es erfolgt auch ausschließlich ein Fax an  Gewerbetreibende, weil diesen anders als Verbrauchern kein Widerrufsrecht zusteht.

Durch die Gestaltung des Formulars (Rahmen) und die Wortwahl ("Hinweis nach § 33 BDSG ...) lag der Marber GmbH daran, den Angebotscharakter des Schreibens bewusst zu verschleiern und bei dem Gewerbetreibenden den Eindruck zu erwecken, es handele sich um einen kostenlosen Eintrag. Natürlich wäre dies bei sorgfältiger Ansicht erkennbar gewesen; aber wer liest schon das "Kleingedruckte".

Ein sicher großer Teil der angeschriebenen Firmen, die auf Grund der vorangegangenen Handelsregistereintragung auf eine Nachricht über die Eintragung warteten, haben diese Offerte auf Abschluss eines Vertrages übersehen und damit (versehentlich) einen Vertrag geschlossen.  Jedoch hat die Datenbank aber für Dritte, die in ihr recherchieren wollen keinen erkennbaren Nutzen. Jedes Telefonbuch enthält deutlich mehr Einträge, ist besser sortiert und die Branchenzuordnung stimmt. Da der Nutzwert beschränkt und das Verzeichnis offensichtlich mehr als unvollständig ist, werden Nutzer in dieser Datenbank nicht recherchieren, zumal auch nicht erkennbar ist, wie Nutzer überhaupt zu dieser Datenbank finden sollen.

Wenn mangels Inhalt niemand in der Datenbank recherchiert und diese keinen objektiven Wert hat, ist auch ein Eintrag in dieser Datenbank von vornherein wertlos. Es handelt sich um ein reines "Adressverzeichnis", das allein dem Ziel dient, die Opfer der Marber GmbH zu täuschen.

Klage vor dem Amtsgericht Merseburg

Am 14.02.2011 erhob der Geschäftsführer Marc B. Klage (auf der Klage stand "Muster") vor dem Amtsgericht Merseburg und versuchte die Scoutractor GmbH zu einer Summe in Höhe von nur noch 773,50 Euro nebst Zinsen in Höhe von 8%  über dem Basiszinssatz verurteilen zu lassen. Die Marber GmbH gab beim angerufenen Gericht an, ein "Insertionsvertrag" mit der Beklagten für ein gewerblich geführtes Gewerbeverzeichnis abgeschlossen zu haben. Vermutlich hatte dies der Geschäftsführer der Marber GmbH so auch im Internet gefunden und abgeschrieben.

Der "Geschäftsführer" hielt es hier nicht mal für nötig, den Aufdruck "Muster" von seiner Klagevorlage beim Ausdruck zu entfernen. Vermutlich wurde dieses "Muster" mittlerweile an alle Amtsgerichte der Bundesrepublik Deutschland verschickt.

Nach der erfolgten Klageerwiderung und entsprechenden Beweisen, dass kein Vertrag mit der Beklagten zustande gekommen war, wurden durch die Marber GmbH zahlreiche Urteilskopien von ähnlichen durch die Marber GmbH geführte Verfahren als "Beweis" vorgelegt.

Dadurch sollte suggeriert werden, dass die Marber GmbH bislang immer gewonnen habe - was aber nicht der Fall ist. Auch wurde ich aufgefordert, "keine Stimmung gegen die Marber GmbH zu machen", da mir sonst strafrechtliche Konsequenzen drohten. Nach weiterem Beweisantritt durch mich konnte auch dem Amtsgericht aufgezeigt werden, dass es sich bei der Klage der Marber GmbH um eine regelrechte Masche gehandelt haben muss und dass die "seriöse Gewerbedatenbank" schon sehr genau im Internet bekannt war.

Zwischenzeitlich erfolgten etliche "Vergleichsangebote" direkt an die Kanzlei. Es wurde am 17.06.2011 zum Beispiel ein "Kulanzangebot" unterbreitet, in dem nur noch eine Summe von 650,00 Euro verlangt wurde. "Eine weitere Reduzierung der Vergleichssumme kommt nicht in Betracht." Na gut.

Nach erfolgter Terminsankündigung beim Amtsgericht Merseburg gab die Marber GmbH an, mit ihrem Prozessbevollmächtigten (nie öffentlich in Erscheinung getreten) Rücksprache halten zu wollen und beantragte dann, das Verfahren an das Amtsgericht Recklinghausen abzugeben. Bemerkenswert ist hier besonders, dass die Marber GmbH ihre Klage selbst beim Amtsgericht Merseburg eingelegt hat (§ 35 ZPO).

Marber nimmt die Klage zurück

Danach fragte die Marber GmbH aufgrund der bevorstehenden mündlichen Verhandlung an, ob sich die beklagte GmbH auch mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren einverstanden erklären könne. Da dies durch uns verneint werden musste - hierzu muss erwähnt werden, dass der Geschäftsführer Marc B. sehr beleidigend und persönlich mir gegenüber auftrat - , nahm die Marber GmbH am 21.10.2011 die Klage zurück.

Zusammenfassung

Das bedeutet für alle Betroffenen: Nicht zahlen, nicht einschüchtern lassen.

Ein äußerst zweifelhafter Vertrag (ohne erkennbaren Nutzen) dazu völlig überteuert, wird zu einem kostenintensiven Verfahren forciert. Hierbei wird besonders ersichtlich, was der Unterschied zwischen kostenlos und umsonst ist (viele Anbieter bieten diese Dienstleistung im übrigen kostenlos im Internet an). Es wird mit "Beweisen" nur so um sich geworfen und dann nimmt die Marber GmbH die selbst eingelegte Klage zurück, um Fahrtkosten zu sparen.

Ich kann Ihnen als Rechtsanwalt nur raten: Lassen Sie sich nichts gefallen, wehren Sie sich gegen solche Machenschaften. Selbst wenn Sie Ihren Rechtsanwalt für seine Tätigkeit zuerst vergüten müssen, erhalten Sie diese Kosten dann von dem Kläger zurück; denn schließlich hat dieser geklagt und hätte höchst wahrscheinlich auch durch Urteil verloren.

Berit Sander
Rechtsanwältin